VOM RITUAL ZUM MAHL - GEDANKEN ZUM ABENDMAHL
- annemarieschmidt
- 13. Mai 2017
- 4 Min. Lesezeit

Es ist irgendein beliebiger Sonntag und ich sitze im Gottesdienst. Die Lobpreiszeit ist vorbei und der Prediger ist soeben fertig geworden. Das Abendmahl wird angekündigt und ich merke, wie die Atmosphäre sich verändert und alles ruhig und ernst wird. Es kommen Leute nach vorn um beim Austeilen zu helfen, davor wird noch schnell gebetet und es werden die bekannten Abendmahlworte aus der Bibel vorgelesen. Für sich allein nimmt jeder sein Stück Brot und Wein/Traubensaft zu sich und denkt im Stillen an das, was Jesus für uns getan hat. Ich denke über die Geschichte aus der Bibel nach, als Jesus mit seinen Jüngern das Abendmahl feierte, und vergleiche sie mit der Tradition, die wir regelmäßig in der Kirche oder Gemeinde feiern. Es scheint mir, als ob es gewisse Unterschiede gibt und ich frage mich: Warum ist das Abendmahl kein Mahl, sondern nur ein Ritual?
Ich möchte keinesfalls die Art, wie Kirchen und Gemeinden das Abendmahl feiern, kritisieren. Denn auch, wenn es schön und einfach wäre – die Bibel gibt uns keine Anleitung dafür, wie man es machen soll. Ich will lediglich zum Nachdenken anregen und meine Gedanken über das Abendmahl teilen mit euch, denn ich finde, dass das Abendmahl etwas ganz Wichtiges ist, das man nicht außen vor lassen sollte.
Mein Traum ist es ein Abendmahl zu feiern, das auch wirklich ein Mahl ist. Im Praktischen bedeutet das für mich, dass sich die Gemeinde zusammen setzt und einfach isst. Ja, nicht nur ein Stück Brot und einen Schluck Wein, sondern eine richtige Mahlzeit zusammen essen. Das sagt das Wort 'Abendmahl' ja schon. Worum ging es denn beim Abendmahl in der Bibel? Jesu Festnahme stand kurz bevor und er wusste, dass er bald leiden und sterben würde. Deshalb wollte er Zeit mit seinen Jüngern, seinen Freunden verbringen. Er wollte Gemeinschaft mit ihnen haben und wie verbringen Leute gern Zeit miteinander? Sie essen. Man sagt auch nicht umsonst 'Liebe geht durch den Magen'. Wenn man zusammen isst, kann man sich austauschen und erzählen. Man hat Gemeinschaft.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass der Gemeinschaftsaspekt in der Gemeinde verfehlt wird und man gewissermaßen das Ziel verfehlt. Natürlich gibt es Gemeinschaft, wenn die Kirche zusammen zum Gottesdienst kommt. Aber wenn es soweit für das Abendmahl ist, werden alle still. Jeder sitzt für sich allein da, es wird nicht geredet. Mich stört das. Wo ist die Gemeinschaft? Wurde denn am Tisch geschwiegen, als Jesus mit seinen Jüngern zusammen aß? Eine Freundin von mir sagte einmal: Wenn Gott gewollt hätte, dass wir Abendmahl allein feiern, stände in der Bibel, dass jeder in sein Kämmerchen gehen, die Tür hinter sich schließen und dann im Stillen für sich Brot und Wein zu sich nehmen soll. Das Abendmahl, das Jesus gefeiert hat, ist aber das komplette Gegenteil!Ich kann mir gut vorstellen, dass viel erzählt und durchaus auch gelacht wurde, denn Jesus verbrachte schlicht Zeit mit seinen Freunden. Er war ja auch ein Mensch.
Wie könnte Gemeinschaft beim Abendmahl aussehen? Wie gesagt, ich denke da an eine gemeinsame Mahlzeit mit Brot, Wein oder Traubensaft und eventuell weiteren essbaren Sachen. Natürlich sollte man aber nicht den eigentlichen Zweck des Abendmahls verfehlen, nämlich sich an Jesu Tod und Auferstehung erinnern. Ich kann mir gut vorstellen, dass man zusammen als Gruppe betet und Gott dankt für das wunderbare Geschenk, dass er uns gegeben hat – seinen Sohn. Des Weiteren ist es eine gute Idee, danach noch weiterzugehen. Sich an Jesu Tod zu erinnern ist sehr wichtig, aber was auch gut ist, ist zu fragen, was Gott heute tut. Wo wirkt Gott in unserem Leben/in unserer Gemeinde? Vielleicht gibt es Leute, die von Erlebnissen mit Gott berichten können, denn so etwas ist sehr ermutigend. Außerdem ist das Abendmahl eine gute Gelegenheit um füreinander zu beten, sei es für Krankheit oder Sonstiges, denn als Gemeinde sind wir füreinander da.
Vor kurzem hat mir eine Freundin erzählt, wie sie und ihre Freunde spontan Abendmahl feiern wollten und sie sich gefragt haben: "Dürfen wir das eigentlich? Brauchen wir nicht einen Pastor oder einen Ältesten dazu?" Die Antwort ist: Ja, wir dürfen! Gottes Botschaft ist für jeden da und ich bin froh, dass Gott keine Ausbildung oder Qualifikation sehen will. Für ihn zählt nur das Herz! Deshalb können wir einfach so Abendmahl feiern, wenn wir uns an Jesus erinnern wollen. Egal wer, egal wo. Gott ist für alle da.
Mein Anliegen ist es, dass das Abendmahl nicht nur gefeiert wird, weil es Tradition ist und man es eben so macht. Das Abendmahl ist eine Herzensangelegenheit und ich wünsche mir, dass wir als Christen mehr in diesen Lebensstil hineinkommen und einfach sagen können: „Lasst uns zusammen Abendmahl feiern um Jesus für sein Opfer zu danken und an ihn zu denken.“ Denn deswegen wollte Jesus, dass wir das Abendmahl zusammen haben, nämlich um nicht zu vergessen, weswegen wir eine Beziehung zu Gott haben und haben können. Ohne Jesu Tod wäre diese Beziehung zu unserem himmlischen Vater nicht möglich, doch Jesus ist zur Brücke geworden um die Lücke zwischenn Gott und uns zu schließen. Brot und Wein sollen uns daran erinnern. Oder eben Traubensaft!
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